<Mir zuliebe> bewährt sich in jahrelanger Extremsituation

2009: Ein überlanger Zug soll über Wochen europaweit tausende von Begegnungen schaffen. Einen Tag vor Abfahrt sagen die ÖBB das Grossereignis ab. Es folgen Jahre eines aussichtslos scheinenden Kampfes eines Jungunternehmers . Zu Unrecht, bestätigen die Gerichte. 2014: Wertschätzung in der Presse.

Es war der problematischste Fall, den ich je zu lösen hatte. Doch vorerst herrschte nur Freude. Hunderte von Studierenden in ganz Europa brachten zusammen mit ebenso vielen Eisenbahnern eine rollende Kulturplattform von 500 Meter Länge auf die Schiene. Es sollte durch 18 Länder Europas gehen. Darauf freuten sich schon die rund Tausend Teilnehmer aus 97 Ländern. Ich stand dem studentischen Core Team zur Seite. So machte auch ich mich ans Koffer packen und hätte im historischen Präsidentenwagen residieren dürfen.

Selbst die Bahnspezialisten staunten ob diesem Projekt der Superlative. Ähnliches gelang noch nie. Freude herrscht!, meinte der Schweizer Alt-Bundesrat Adolf Ogi. Der abtretende Stadtpräsident von Zürich machte sich bereit, als eine seiner letzten Amtshandlungen den Zug bei der Einfahrt zu begrüssen, zusammen mit den Spitzen von ETH und Universität.

Besonnen blieben Gerhard Soukup von der ÖBB und der Jungunternehmer Bernhard Jäggle. In den letzten Wochen vor Abfahrt und oft zur nächtlichen Stunde machten sie gemeinsam Unmögliches möglich. Am 27. März 2009 stand der Spezialzug zur Abfahrt bereit. Zur Reise bereit waren auch Bands, Fernsehen, Radio, Sicherheitsleute, Honoratioren und Lieferanten in 40 Städten Europas.   

Drei Wochen vor Abfahrt mischte sich ein ÖBB-Angestellter ein und es gelang ihm, die Fahrt einen Tag vor Abfahrt zu vereiteln. Es begann ein fünfjähriger Kampf gegen scheinbar Übermächtige und Blogging. Ein uns bekannter Berliner Blogger klagte Bernhard Jäggle des Betrugs an. Dieser erlebte Hausdurchsuchung am Wohnsitz, polizeidienstliche Behandlung und Beschlagnahme sämtlicher Geschäftsakten und des Laptops. Der vorgenannte ÖBB-Angestellte unterstützte ihn darin, drückte jedoch gleichzeitig uns gegenüber und in der Öffentlichkeit sein Bedauern über das Scheitern des tollen Projekts aus. Das Verfahren wurde eingestellt, das Blogging wirkt bis heute nach.  

Die wiederholten Versuche einer gütlichen Einigung mit der ÖBB Personenverkehr AG schlugen fehl wie auch die Intervention eines österreichischen Alt-Vizebundeskanzlers beim ÖBB-Generaldirektor. So blieb nur der Weg durch die Gerichte. Zwar verlor die ÖBB in allen Punkten und wurde mehrfach verurteilt, doch die Leidtragenden sind die Teilnehmer, Eisenbahner, Bernhard Jäggle mit seiner Firma und nicht zuletzt die ÖBB selbst. Diesen Fall durchzustehen strapazierte allein schon finanziell aufs Äusserste.

 

Es war ein langer und einsamer Weg, den Bernhard Jäggle und ich in den vergangenen fünf Jahren zu gehen hatten. Die FURCHE, Österreichs einzige überregionale Qualitätswochenzeitung, zeichnet fünf Jahre nach der Zugsabsage nach, wie sich ein scheinbar Schwacher gegen Übermächtige wehren konnte. Ein Bericht, der berührt. Siehe untenstehendes PDF sowie www.esntrain.org  

Jäggle_FURCHE_WIEN_ESNtrain_20140424.pdf
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